Informationen über das „Wolf – Projekt“ von Wolfgang Nürnberger in Zentralindien
Vor zwei Jahren reiste ich mit meiner Frau über den Jahreswechsel für einen Monat nach Indien. Wir buchten u.a. in drei verschiedenen Nationalparks je vier Safaris, um mit etwas Glück einen bengalischen Tiger in freier Natur zu treffen. Nach der elften, erfolglosen Safari war ich so sehr frustriert, dass ich die zwölfte, bezahlte Fahrt dazu nutzte, um das ländliche Leben außerhalb des Pench – Nationalparks kennenzulernen. Dieser Park liegt etwa 1.000 km südlich von New Delhi und 200 km östlich der Stadt Nagpur, welche für indische Verhältnisse mit 1,5 Mio. Einwohnern eher klein ist.
Dieser Nachmittag führte uns mit großer Deutlichkeit die extreme Armut der dortigen, vorwiegend in der Landwirtschaft tätigen, Menschen vor Augen. Wer von Ihnen noch den Kalender über Indien hat, findet dort im Oktober 2013 ein Bild eines von uns besuchten Dorfes.
Am nächsten Morgen, vor der Weiterreise nach Mumbai, gab ich unserem damaligen Guide Narayan, 100 €, mit der Bitte, die drei Familien aufzusuchen, deren Kinder ich bei der Durchfahrt durch dieses Dorf fotografiert hatte. Ich bat ihn die dazugehörigen Familien hinsichtlich ihres sozialen Status zu prüfen und wenn feststeht, dass dort kein Alkohol oder sonstige Verwahrlosung im Spiel ist, diesen Kindern ein passendes Geschenk zu kaufen.
Einige Wochen nach unserer Rückkehr nach Deutschland informierte uns Narayan, dass die Familien sehr arm sind und er sich für den Kauf von Solartaschenlampen entschieden hatte, welche er dann später mit uns vorliegenden Fotos, beweisbar übergeben hat. Das war eine kluge Entscheidung, denn wenn es in den indischen Dörfern Strom gibt, dann oft nur für wenige Stunden am Tag. Seit dieser Zeit überweisen wir jedes Jahr im Juni an Narayan etwas Geld, damit diese drei Familien das Schulgeld und die nötigen Utensilien für den Schulbesuch ihrer Kinder kaufen können.
Meine Frau und ich wollten dann über diese Möglichkeit der Hilfe hinausgehen und so baten wir Narayan zu prüfen, ob und wie wir der dortigen Teliya School (1.- 8.Klasse) so helfen können, dass wir das Leben der dortigen Familien erleichtern können.
Nach eingehender Diskussion und Prüfung der dortigen Umstände haben wir als erstes begonnen, mit Beginn des neuen Schuljahres im August 2014 ein Leistungsstipendium in Höhe von
je 1.000 INR (1€ entspricht derzeit 75 INR (Indische Rupie)) für die je drei leistungsstärksten Schüler pro Klasse einzuführen. Gleichzeitig haben wir angeregt, auch die je drei Schüler, welche sich am meisten im Schuljahr verbessert haben, mit dem hälftigen Betrag auszuzeichnen, denn Bildung ist in Indien die absolut einzige Chance dem Leben in diesen Verhältnissen zu entfliehen und selbst dies wird leider nur wenigen gelingen.
Mitte November 2014 war ich dann selbst für eine Woche vor Ort. Kurioserweise habe ich dann auf der zweiten gebuchten Safari im Pench Nationalpark das auch für die ansässigen Führer einmalige Erlebnis gehabt, fünf bengalische Tiger zu sehen und dabei vier von Ihnen auf ein Bild zu bekommen.
Ich hatte bei meiner Reise entsprechend Bargeld dabei und nach einigen Stunden und mit Problemen behaftet hatten Narayan und ich mit Hilfe eines ihm bekannten Freundes, dem Leiter eines Reisebüros in Nagpur, soviel Geld getauscht, dass wir uns an den Einkauf machen konnten.
Da das Reisebüro seinen Kunden bei bestimmten Reisen ins Ausland eine Art von Bags schenkt, erhielten wir Verbindung zu einem Hersteller solcher „Schulranzen“ in der Stadt.
Dort verhandelten wir den Kauf von 120 Stück solcher Bags in der besten vorhandenen Qualität (u.a. für den Export) zu einem Preis von knapp 5,50 € je Stück. Einen solchen „Schulranzen“ in gleicher Qualität hatte ich vorletztes Jahr dem Sohn meiner Dolmetscherin in Kuba gekauft und dafür hier knapp 100 € bezahlt! Ich konnte auch einen kurzen, eher zufälligen Blick in Fertigung werfen (ich möchte das hier nicht schildern, furchtbar!).
Danach haben wir noch vierhundert Schulhefte und Kugelschreiber, 25 Hand-Schultafeln und Kreide (für die Vorschulkinder und die erste Klasse)bei einem anderen Händler gekauft. Das Ganze haben wir mit Hilfe eines gemieteten Pickup zum Hotel am Nationalpark fahren lassen.
Am Nachmittag des 17.11.2014 haben wir dann in der Teliya School ein Schulfest durchgeführt. Dazu hatten wir vorher bei einem lokalen Imbiss 400 Somosa (einheimische, mit Gemüse gefüllte Teigtaschen), für jeden Schüler einen Juice sowie lokale Süßigkeiten bestellt. Von Deutschland hatte ich ein paar Kilo Bonbons mitgenommen.
Nachdem wir allen Kindern im Beisein der Leiterin und den Lehrern der Schule erklärt hatten wer ich bin und woher ich komme, erhielten alle Kinder ihre Essensportionen und danach machen wir uns daran, jedem Kind seinen Schulranzen, gefüllt mit den Schreibheften und Kugelschreibern, zu übergeben. Das waren unbeschreibliche Momente und manchmal wurden dabei die Augen feucht. Am Anfang hatte ich die Übergabe begonnen und die Kinder sagten jedes Mal:
„Thank you, Sir“ und ich habe immer gesagt, das heißt nicht Sir, sondern Wolf, denn mit meinem Namen konnten Sie schon bei der Begrüßung nichts anfangen.
Und so entstand der Name für dieses Projektes: Das Wolf-Projekt.
Da es in allen Klassen keine Schulmöbel gibt und die Kinder in Reihen auf dem Fußboden sitzen müssen (nur in der 7./8.Klasse sitzt man auf sehr alten Bänken) und auch keine Tafeln vorhanden sind (man hat mit olivgrüner Ölfarbe eine Wand angestrichen, aber darauf kann man nicht vernünftig schreiben), lassen wir gegenwärtig prüfen, wo und wie man entsprechende Ausrüstungen für diese Schule möglichst direkt bei einem indischen Hersteller kaufen kann.
In den indischen Dörfern gibt es keine Kanalisation. Das ganze Wasser kommt aus Brunnen oder aus einem Fluss, wenn dieser in der Nähe ist. Oft muss man weit laufen um Wasser zu holen. Das ist in Indien eine typische Frauenarbeit und auch das Holzholen gehört dazu.
In Indien kann man beweisen, dass die FRAUEN eigentlich das starke Geschlecht der Gesellschaft sind und man kann nur mit Hochachtung von ihren täglichen Kampf berichten.
In der Zeit des Monsuns sind die Brunnen oft verschmutzt und im Sommer, wenn sowieso kaum Regen fällt, geben nicht alle Brunnen genügend Wasser. Die hygienischen Bedingungen sind deshalb meist nicht gut.
Wir planen deshalb auch die Anschaffung einer Wasserfilteranlage in der Schule, damit die Kinder wenigstens während der Schulzeit sauberes, gefiltertes Wasser trinken können. Diese Anlagen arbeiten ohne Strom, man muss nur alle sechs Monate oder nach 10.000 Litern eine neue Filterpatrone einsetzen.
Alles in allem rechnen wir mit Kosten von je max. 10.000 € pro Schule und wenn es uns als Ehepaar gelingt, noch einige Mitstreiter zu gewinnen, können wir pro Jahr mindestens eine Schule und die dort lernenden Kinder mit den nötigsten ausrüsten.
Wenn Sie sich also entscheiden könnten, 20 € zu spenden, könnte ich dafür als Gegenleistung den beteiligten Frauen auch künftig einen Kalender schenken und in jedem Jahr einen Bericht über die Verwendung der Gelder in diesem rein privaten Projekt erstellen. Sicher ist dabei, dass jeder einzelne Euro für die Kinder eingesetzt wird, weil ich ja auch die Reisekosten privat finanziere.
Jeder Interessierte ist auch eingeladen, sich vor Ort ein Bild von diesem Projekt zu machen.
Wolfgang Nürnberger