Reisebericht Indien vom Juni 2019
Die diesjährige Reise fand von Freitag, den 14.06. bis Freitag, den 21.06.2019 statt. Der Samstag stand wie immer im Zeichen des Kaufes der Schulmaterialien für inzwischen rund 560 Kinder, der einheimischen Süßigkeiten für die kleinen Schulfeste sowie den Geldumtausch in Indische Rupien.
Am Vortage wurden in Nagpur offiziell 47° C gemessen und es war tatsächlich ungeheuer heiß. Dazu muss man wissen, dass in Indien fast nur mit Beton und Steinen gearbeitet wird und sich in den engen Gassen die Luft kaum bewegt. Nachdem alles besorgt war, machten wir uns auf den zweistündigen Weg nach Pench.
Der Sonntag stand wie immer im Zeichen des Besuches unseres ersten Patenkindes Veena, welche fast zwei Stunden weit weg wohnt und inzwischen das zweite Jahr ihres Studiums an dem Gouverment Kamla Nehru Girl`s College Balaghat abgeschlossen hat. Das Zeugnis des ersten Jahres wurde mit folgendem Ergebnis vorgelegt:
Englisch/Hindi 63 %
Chemie 70 %
Botanik 82 %
Zoologie 69 %
Das Zeugnis des zweiten Jahres liegt erst in ca. vier Wochen vor.
Am Montag stand der Besuch der Schulen Nr. 1 und 2 an. Diese Schulen haben sich auch, was den Umgang der Lehrer mit den Schülern betrifft, gut entwickelt. Beide Schulen verfügen jetzt in jedem Klassenzimmer über zwei Ventilatoren, wobei die Kosten deutlich über die bloße Anschaffung der Ventilatoren hinausgingen, denn der Strom wurde seitens des Staates nur bis zur Hauswand bereitgestellt. So mussten in den Gebäuden sämtliche Leitungen, die Schalter und Steckdosen sowie der Sicherungskasten neu verlegt und angebracht werden.
Inzwischen freuen sich die Kinder schon das ganze Jahr über auf unser neues Erscheinen.
Am Dienstag wurde die Schule Nr. 4 besucht. Dort war der bisherige leitende Lehrer abgezogen worden oder er hat aus persönlichen Gründen diese verlassen und bei den übrigen vier Lehrern vermissten wir jegliches Engagement. Es ergibt sich dadurch die Frage, ob wir diese Schule noch weiter unterstützen können, aber auch nach welchen Kriterien wir künftig weitere Schulen auswählen wollen.
Im Januar 2020 werden Narayana und seine Frau Sangita privat nach Deutschland reisen. Beide gehören zum Vorstand der in Indien zu gründenden „Wolf-Foundation“, welche ab 2020 dann Partner der Ralf-Rangnick-Stiftung in Leipzig ist. Dann werden wir auch über die Ausgestaltung unserer zukünftigen gemeinsamen Aktivitäten sprechen.
Am Mittwoch besuchten wir zum ersten Mal die neue eingerichtete Schule Nr. 5 an welcher etwa 130 Kinder unterrichtet werden. Dort waren schon mit dem Bau ein Deckenventilator pro Raum angebracht worden, so dass wir im kommenden Jahr etwas an Kosten sparen können. Am 19.06., nachmittags besuchten wir noch unser zweites Patenkind Nikita, welche an diesem Tag 17 Jahre alt wurde. Leider ist sie beim Abitur im Fach Ökonomie durchgefallen; eine Wiederholung wird in einem Monat ermöglicht. In ihrem Fall zeigt sich auch die gewisse Beschränktheit unseres Tuns. Sie kommt aus einer recht armen Familie, welche vom Vater schon lange verlassen wurde. Die Mutter bemüht sich, hatte aber auch wenig Bildung genossen. Selbst wenn Nikita das Abitur besteht, weiß sie eigentlich nicht, was sie danach machen will. Ihre 21jährige Schwester hat inzwischen geheiratet, wird Kinder bekommen und damit aus unserer Sicht auch keine bessere Zukunft haben, als ihre Mutter.
Wir müssen also die nächsten Wochen abwarten, ob wir weiter Unterstützung gewähren können oder nicht. Die eigentlich geplante halbjährliche finanzielle Unterstützung wurde deshalb vorerst noch nicht übergeben.
Am Donnerstag stand dann noch der Besuch der Schule Nr. 3 auf dem Plan. Dort sollen im kommenden Jahr die Arbeiten für den Einbau der Deckenventilatoren erfolgen.
Zum ersten Mal haben wir in jeder Schule am Ende noch eine Art Disco durchgeführt. Das hat nach anfänglichem Zögern doch erheblichen Spaß gemacht. Unter anderen wurde nach deutscher Marschmusik im Kreis marschiert, Polka getanzt sowie alle anderen tanzbaren Stile zu Gehör gebracht. Die besten Tänzer erhielten kleine Preise.
Ein Wort ist noch zu den sich verschlechternden Umweltbedingungen in Indien zu verlieren.
Nachdem der überlebenswichtige Monsun bereits in den letzten Jahren an Kraft verloren hat, warten die Bauern in Zentralindien sehnsüchtig auf Regen, um den benötigten Reis pflanzen zu können. Die noch zahlreich vorhandenen Rinder und Ziegen finden kaum Futter und sehen erbärmlich aus. Wenn man zusehen muss, dass diese inzwischen Pappkartonagen fressen und nur aus Haut und Knochen bestehen, dann ahnt man Schlimmes.
Wenn man dann noch die Berichte der Wissenschaftler über die rasante Abschmelzung der Gletscher des Himalaya liest, muss man für die Zukunft der indischen Menschen schwarz sehen. Wir können leider die Welt mit unseren bescheidenden Mitteln nicht ändern, aber wir können trotzdem etwas tun, indem wir diesen Kindern, welche nicht das Glück hatten, als Kinder deutscher Eltern das Licht der Welt zu erblicken, für wenige Stunden Freude bereiten und ihnen zumindest die kleine Chance geben durch Bildung einmal besser als ihre Eltern zu leben.
Nach dieser Reise beginnt ein neuer Abschnitt unseres persönlichen Wirkens. In Kürze werden wir das bisherige Konto schließen müssen und die restlichen Gelder auf das Konto bei der Ralf-Rangnick-Stiftung überweisen.
Wir danken von ganzem Herzen allen Menschen, welche durch ihren Beitrag zu unseren Bemühungen beigetragen haben.
Jetzt wo wir dem Spender auch eine steuerwirksame Bescheinigung ausstellen lassen können, sollte eigentlich die Bereitschaft zur Spende wachsen.
Leider muss ich feststellen, dass nach dem Versand von über 1.000 Kalendern davon noch nicht viel zu spüren ist. Wir sind gespannt und wir werden in jedem Falle weitermachen!
Wolfgang Nürnberger