Reisebericht Indien vom Juni 2018
Mitte Juni war es wieder soweit; pünktlich zur Eröffnung des neuen indischen Schuljahres reiste ich vom 15.06. bis 24.06.2018 erneut nach Indien.
Der Samstag stand ganz im Zeichen des Einkaufes der notwendigen Schulmaterialien und Süßigkeiten in der 2-Millionen-Stadt Nagpur, für die inzwischen auf rund 450 angewachsene Zahl von Kindern.
Bei 42 C° im Schatten kein wahres Vergnügen. Der wie stets für den Transport angemietete Jeep erwies sich diesmal als gerade noch ausreichend, allein die 2.370 Schreibhefte sind ein erhebliches Gewicht. Die speziellen indischen Süßigkeiten, welche wir für die einzelnen kleinen Schulfeste benötigen, kann man in dieser Menge und Qualität nur dort in einem speziellen Geschäft, welches der Hersteller selber betreibt, erwerben.
Im April hatten wir schon einen Betrag von 9.500 € nach Indien überwiesen, damit unser Freund und Helfer, Narayana, die Schulmöbel, also Bänke, Pulte und Schultafeln in Nagpur für die Schule Nr. 4 bestellen und bezahlen konnte. Bei der Schule Nr. 4 handelt es sich um eine sehr große Grundschule mit etwas über 160 Kindern der Klassen 1 bis 8.
Am Sonntag stand dann die zweistündige Fahrt zu Veena, unserem ältesten Patenkind, an. Diese studiert inzwischen seit einem Jahr Biologie, Chemie und Soziologie. Diese Art von Grundstudium geht über sechs Semester. Anschließend muss sie sich in weiteren vier Semestern auf eine Richtung spezialisieren.
Am Montag besuchten wir die Schule Nr. 4 und übergaben offiziell die bereits angelieferten und teilweise aufgestellten Schulmöbel. Es erinnerte fast an Zeiten in der DDR, als alle Schüler in Reih und Glied vor dem Schulgebäude antraten, um mich und Narayana zu begrüßen. Danach wurden von verschiedenen Schülern, aber auch von einigen Lehrern, kleine Blumengebinde überreicht. Es war ein erhebender und auch feierlicher Moment, als alle Schüler der Schule im größten Klassenraum irgendwie Platz gefunden hatten und ich alle begrüßen konnte.
Wir erläuterten den Schülern die Bedeutung des Lernens für ihr weiteres Leben und kündigten an, dass die jeweils Besten der einzelnen Klassen (Klassen 5 bis 8) am Ende des Schuljahres mit einem Stipendium ausgezeichnet werden und auch diejenigen, welche sich nach Ansicht der Lehrer am meisten in ihren Leistungen verbessert haben. Danach hatten wir gemeinsam viel Spaß beim Wettkampf der Lehrer gegen die Schüler beim Aufstellen einer Pyramide und beim Luftballon aufblasen. Über eine Tombola wurde es ermöglicht, dass jedes Mädchen einen Gewinn in Form von Haarschmuck erhalten konnte.
Da viele der Kinder ohne Frühstück die Schule besuchen, haben wir danach erst einmal gemeinsam gegessen und später wurden, geordnet nach Klassen, die Schulmaterialien an die einzelnen Kinder übergeben.
Der leitende Lehrer der Schule Nr. 4 wandte sich dann mit einer großen Bitte an uns, denn nach und nach kommt auch die Regierung des Bundesstaates ihrer Verantwortung nach und so konnten die ersten Schulen an das Elektronetz angeschlossen werden. Das war es aber bereits schon, denn für mehr scheint kein Geld vorhanden zu sein. Man bat uns deshalb zu prüfen, ob wir im kommenden Jahr pro Klassenraum zwei Deckenventilatoren bereitstellen können; eine durchaus berechtigte Bitte, wenn man die bei unserem Besuch herrschenden Temperaturen zugrunde legt. Da die Schule Nr. 1 eine ähnliche Bitte äußerte, werden wir prüfen, welche Kosten bei einer solchen Anschaffung entstehen und gegebenenfalls die jetzigen Schulen in 2019 nachrüsten, bevor wir dann 2020 die Schule Nr. 5 in Angriff nehmen, welches auch wesentlich von der Spendenbereitschaft für dieses, nach wie vor private Hilfsprojekt, abhängig ist.
Am Dienstag besuchten wir die Schulen Nr. 1 und 2 und überbrachten die Schulmaterialien und zeichneten die jeweiligen Schüler mit einem Stipendium aus.
Beim Luftballon aufblasen hatten wir viel Spaß und die Kinder verbrachten einige schöne Stunden mit uns.
Mittwoch war dann die Schule Nr. 3 dran. Auch dort wurden wir herzlich empfangen. Dort trafen wir auch unser Waisenkind Sukwaru, aber leider müssen wir künftig das Wort „unser“ nunmehr streichen. Trotz vielfältiger Bemühungen von Narayana und einem anderem Guide, welcher uns damals erst auf das Schicksal dieses Mädchens aufmerksam gemacht hat, ist es leider nicht gelungen, alle Verwandten davon zu überzeugen, dass wir die Waise gerne aus dem Familienverband herauslösen wollen, um ihr eine angemessene Bildung zu ermöglichen. Letztes Jahr hatten wir schon einige positive Gespräche geführt, aber leider ist einer der Onkels zu keinem Gespräch bereit und so mussten wir unser Vorhaben aufgeben, ein Vorgang, welcher mit unseren europäischen Vorstellungen überhaupt nicht zu vereinbaren ist. Wenn man dann in die großen Augen dieses, sehr schüchternen Mädchen schaut, dann wird einem wirklich schwer ums Herz. Als Waisenkind und damit ohne jeglichen finanziellen Hintergrund wird Sukwaru niemals heiraten und eine Familie gründen können, niemals Liebe erfahren; nur davon weiß sie in so jungen Jahren noch nichts.
Am Donnerstagmorgen besuchten wir noch unser Patenkind Nikita, welches nunmehr die zwölfte Klasse besucht. Deren Zeugnis sollen wir in den nächsten Wochen bekommen und dann werden wir einschätzen können, welches Studium möglichweise in Frage kommt.
Nachdem wir bereits im letzten Jahr Kontakt hatten, haben wir nunmehr wieder ein noch sehr junges Mädchen als Patenkind angenommen. Sie heißt Preethy und wohnt im gleichen Dorf wie Veena. Sie ist sehr wissbegierig und spricht für ihr Alter schon ein recht gutes Englisch.
Am frühen Nachmittag ging es dann zurück nach Nagpur und von dort noch für zwei private Tage über New Delhi nach Bangalore. Narayana und ein befreundeter Fotograf, welcher aber auch als Guide arbeitet, hatten ein zweitägiges Foto-Shooting in einem Studio organisiert. Am Freitag und Samstag haben wir dann mit jeweils vier Models dieses durchgeführt und damit wurde eine Basis geschaffen, um auch in den folgenden Jahren einen attraktiven und hochwertigen Kalender zum Männertag für meine deutschen Landwirte herauszugeben (zumindest für diejenigen, welche wenigstens einen kleinen finanziellen Beitrag für unser Hilfsprojekt leisten).
Dazu kommt nunmehr bereits die dritte Auflage des MZURI-Kalenders, welcher in fünf Sprachen und großer Auflage unter den Kunden der Firma MZURI, welche inzwischen einen neuen, polnischen, Eigentümer hat, in Osteuropa verteilt wird.
Wolfgang Nürnberger